Kennen Sie schon die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens, kurz: BGE?
"Das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist ein sozialpolitisches Finanztransfer-konzept, nach dem jeder Bürger – unabhängig von seiner wirtschaftlichen Lage – eine gesetzlich festgelegte und für jeden gleiche vom Staat ausgezahlte finanzielle Zuwendung erhält, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen (Transferleistung). Es wird in Finanztransfermodellen meist als eine Finanzleistung diskutiert, die ohne weitere Einkommen oder bedingte Sozialhilfe existenzsichernd wäre – in Form eines Bürgergelds.
Die Idee, jedes Gesellschaftsmitglied an den Gesamteinnahmen dieser Gesellschaft ohne Bedürftigkeit zu beteiligen, wird weltweit diskutiert."
In einigen Ländern, wie Alaska, Brasilien, Finnland, Indien, Iran, Namibia, Kanada, Kenia, Kuba, der Mongolei und der Schweiz gab es dazu schon Modellprojekte, die interessante Ergebnisse zur Folge hatten. Siehe hierzu zum Beispiel den Film: "Free Lunch Society".
Zum Beispiel hatte es zumeist eben nicht zur Folge, dass sich die Menschen in eine "soziale Hängematte" begaben, womit das BGE von Nicht-Kennern gerne in Misskredit gezogen wird. Nein, ganz anders: die Menschen wurden sehr kreativ und konnten endlich ihre ganz eigenen Wege gehen. Sie kündigten etwa einen entwürdigenden Arbeitsplatz und fingen an, sich zu bilden und sich mit ihren Fähigkeiten und Talenten selbständig zu machen.
Dem BGE liegt ein humanitärer Ansatz zugrunde:
"Die grundsätzliche Begründung eines BGE wird darin gesehen, dass es jedem Menschen ermögliche, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Das BGE schaffe die Voraussetzung zur individuellen Freiheit zur Selbstverwirklichung auch mit Tätigkeiten, die nicht als Erwerbsarbeit entlohnt werden. In diesem Kontext wird diskutiert, ob das bedingungslose Grundeinkommen als Instrument der Freiheit den Liberalismus aus der Krise führen kann.[13]
Die gesellschaftliche Entwicklung habe dazu geführt, dass nur ein Teil der Tätigkeiten in der modernen, marktorientierten Gesellschaft als Arbeit entlohnt werde. Tätigkeiten im sozialen Bereich wie beispielsweise in der Kindererziehung, in der Betreuung nicht selbstständiger Menschen (Alte, Behinderte) oder in der Jugendarbeit würden hingegen zumeist nicht finanziell vergütet, es sei denn, diese Tätigkeiten sind institutionalisiert. Das BGE sorge hier für einen Ausgleich.
Außerdem entfalle die Stigmatisierung Erwerbsloser, die bei einer im System liegenden Erwerbslosigkeit für eine große Zahl von Menschen unvermeidlich sei. Eine Gesellschaft, die eine solche Stigmatisierung Erwerbsloser systematisch in Kauf nehme, verstoße gegen die Menschenwürde und gegen das Grundrecht auf Arbeit. Das BGE führe zu einer Verbesserung der sozialen Sicherheit, ermögliche Teilhabe, vermeide Ausgrenzung und gestatte alternative Lebenspläne wie zum Beispiel Bildungsphasen, die die Erwerbsarbeit unterbrechen.
Das System des BGE sei übersichtlich und schaffe Vertrauen in die Gesellschaft. Hierdurch erhöhe sich die individuelle Risikobereitschaft. Selbständigkeit und Unternehmergeist und damit Innovation und Flexibilität würden gefördert. Die Arbeitnehmer würden selbstbewusster und „klebten“ nicht mehr an einer bestimmten Stelle. Die größere Unabhängigkeit verringere den innerbetrieblichen Konkurrenzkampf, vermindere Mobbing und verbessere das Betriebsklima mit der Folge, dass negativer Stress und psychische Krankheiten abnähmen.
Das BGE fördere nicht nur die Emanzipation und Unabhängigkeit von Frauen, sondern viele Bürger hätten durch die Einführung eines BGEs mehr Zeit und finanzielle Möglichkeiten, sich intensiver mit politischen Themen auseinanderzusetzen, aktiv zu werden und somit an einer lebendigen Demokratie zu partizipieren.[14]
Götz Werner, Anthroposoph und Gründer des Unternehmens dm-drogerie markt, ist der Auffassung, ein bedingungsloses Grundeinkommen würde nach den Gesetzen freier Märkte dazu führen, dass bisher schlecht bezahlte, jedoch notwendige Arbeit besser bezahlt, attraktiver gestaltet oder durch automatisierte Prozesse ersetzt werde. Für notwendige oder weithin gewünschte Arbeiten würden zwangsläufig ansprechende und lohnende Arbeitsverhältnisse geschaffen werden und für ausreichend attraktive beziehungsweise lukrative Arbeitsangebote fänden sich im Mittel und mittelfristig immer genug Arbeitswillige. Folge wäre demnach ein Arbeitsmarkt, der sich an Angebot und Nachfrage orientiert, den es in unserer heutigen Marktwirtschaft wegen des Arbeitszwanges nicht gebe."
"Zur Finanzierung des Grundeinkommens ist üblicherweise eine starke Vereinfachung und Neuordnung des Steuersystems vorgesehen sowie sehr viel weniger Aufwand und Bürokratie in der Sozialverwaltung, da bisherige Transferleistungen durch das bedingungslose Grundeinkommen ersetzt würden. Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Rente, Ausbildungsförderung, Kindergeld und ähnliche Sozialleistungen würden schrittweise ersetzt und letztendlich wegfallen."
"Im Juni 2017 vereinbarte die neue Landesregierung in Schleswig-Holstein ein Zukunftslabor als Modellprojekt zur Diskussion und Bewertung „neuer Absicherungsmodelle, zum Beispiel ein Bürgergeld, ein Grundeinkommen oder die Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme“. Der Grünen-Politiker Robert Habeck bevorzugt hierbei ein BGE als Modellversuch."
"Im Juni 2014 startete der Berliner Startup-Gründer Michael Bohmeyer das Projekt Mein Grundeinkommen, bei dem er per Crowdfunding Geld sammelt, um mehreren Menschen für ein Jahr ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.000 € pro Monat zu ermöglichen."
"Der gemeinnützige Verein mein-grundeinkommen.de e.V. erforscht das Bedingungslose Grundeinkommen und führt öffentliche Debatten. Er möchte herausfinden, was das Grundeinkommen mit Menschen macht. Darum sammelt er per Crowdfunding Geld.
Immer wenn 12.000 Euro zusammen sind, verlost der Verein das Geld als Bedingungsloses Grundeinkommen: ein Jahr lang monatlich 1.000 Euro, ohne Bedingungen. Die Teilnahme an der Verlosung ist kostenlos. Bis Dezember 2018 wurden bereits 258 Grundeinkommen finanziert." Wenn Sie möchten: probieren Sie es doch einmal aus! Siehe: https://www.mein-grundeinkommen.de/
Literatur:
- de.wikipedia.org ---> Zitate aus Wikipedia commons: "Bedingungsloses Grundeinkommen" ---> Hier finden Sie umfangreiche Literaturangaben, von denen ich hier nur einige herausgreife
- Netzwerk Grundeinkommen (Hrsg.): Grundeinkommen – In Freiheit tätig sein. Berlin 2007, ISBN 978-3-930064-73-1
- Götz Werner, Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen
- Götz Werner: Einkommen für alle, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2007, ISBN 978-3-404-60607-8
- Götz Werner, Adrienne Goehler: 1000 € für jeden: Freiheit, Gleichheit, Grundeinkommen, Econ, Berlin 2010, ISBN 978-3-430-20108-7
- Unternimm die Zukunft: Finanzierung und Wirkung eines bedingungslosen Grundeinkommens (Memento vom 20. September 2011 im Internet Archive)
- Daniel Häni, Philip Kovce: Was fehlt, wenn alles da ist? Warum das bedingungslose Grundeinkommen die richtigen Fragen stellt. Orell Füssli, Zürich 2015, ISBN 978-3-280-05592-2
- Daniel Häni, Philip Kovce: Was würdest du arbeiten, wenn für dein Einkommen gesorgt wäre? Manifest zum Grundeinkommen. Ecowin Verlag, Salzburg 2017, ISBN 978-3-7110-0120-7
- Philip Kovce: Soziale Zukunft. Das bedingungslose Grundeinkommen. Die Debatte. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-7725-2878-1
Commons: Grundeinkommen – Sammlung von Bildern
Archiv Grundeinkommen – Zeitungsartikel, wissenschaftliche Veröffentlichungen, Initiativen, Bücher, Artikel, Papers, Videos zum Grundeinkommen, seit 1987.
grundeinkommen.de, Netzwerk Grundeinkommen – deutsche Plattform von Grundeinkommensbefürwortern (Teil des weltweiten BIEN – Basic Income Earth Network)
grundeinkommen.tv – deutschsprachige Filme, Interviews und Dokumentationen zum Grundeinkommen
Interaktive Dokumentation über das bedingungslose Grundeinkommen
Alois Berger: Bedingungsloses Grundeinkommen – Balsam für den sozialen Frieden, Deutschlandfunk – Hintergrund vom 17. April 2017
Ökonomenstimme.org – Wissenschaftler äußern sich zum BGE auf der Internetplattform für Ökonomen vom KOF der ETH Zürich
Zusammenstellung der Zitate aus wikipedia commons und ergänzende Bemerkungen von Margit Adele Volk - ©Margit Adele Volk
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